Liebe Sponsoren und Freunde,
ich möchte mich zurück melden, zurück seit einer Woche von einer Welt in Nepal, die für mich unfassbar geworden ist. Nicht nur die Nachwirkungen des großen Erdbebens sind nicht bewältigt sondern die Blockade an der Grenze zu Indien ist erschreckend und bringt die Menschen in eine doppelt und dreifach größere Armut. Kein Gas zum Kochen, kein Benzin, wenige Lebensmittel, fast keine medizinische Versorgung (und vieles mehr) seit 2 Monaten!! Stillstand auf allen Seiten. Km-lange Schlangen von Autos, Motorrädern und Gasflaschen vor Tank- und Ausgabestellen bestimmen das Bild der Stadtgebiete. Eine Katastrophe größten Ausmaßes für den einzelnen und für die Gesamtwirtschaft Nepals.
Die neue Verfassung, endlich fertig gestellt, wurde von vielen Institutionen im Süden nicht akzeptiert, da sich Madhesis und Tharus (ca. 50% der Bevölkerung) immer noch nicht gut repräsentiert fühlen. Es geht außerdem um nicht nachvollziehbare Landansprüche Indiens, um Flüsse, die Wasser nach Indien bringen könnten, um einen von Indien (PM Modi!) gewünschten Hindustaat in Nepal und keinen säkularen, wie jetzt in der Verfassung vorgesehen. Es geht aber auch um Frauenrechte, die nicht festgeschrieben wurden. Die Rolle Indiens, der verschiedenen Parteien, der Politiker aller Seiten ist sehr unklar – und China freut sich helfen zu können, was jedoch mit großen Transportschwierigkeiten verbunden und von den Nepali nicht gewollt ist. Leider ist bis jetzt kein Ende dieser Blockade und der Beginn der Versorgung der Erdbebenopfer zu erkennen.
So ist es gut, dass so viele private NGO’s – wie wir z.B. – in Nepal tätig sind. Wir können nur einzelnen helfen, Menschen, die wir kennen und um ihre Not wissen. Dank Ihrer großen Hilfe konnte ich die gesammelten Gelder gut verteilen. Ich hielt mich da an drei Kriterien, ähnlich anderen Hilfsorganisationen,
1. € 500. - Keine Arbeit, kein Einkommen,
2. €1000. - Haus zerstört und Hilfe zum Wiederaufbau,
3. € 200. - Kleine Schäden und Hilfen beim Neuanfang (Job, Ausbildung)
Die Familien brachten mir Fotos und Kurzbeschreibungen. Diese können gerne bei mir oder bei den Freunden Nepals e.V. eingesehen werden. Die Häuser sollen z.B. im Manaslu-Gebiet wieder aus den alten Steinen und Dachkonstruktionen erbaut werden mit Festigung durch Bambus und Blechteilen. Andere, wie in Hetauda haben das neue Haus und das Dach aus Blech erstellt, wobei zur Bodenkonstruktion die alten Steine verwandt wurden. Die Blechdächer sind im Winter kalt und im Sommer heiß. Doch auch hier wussten sie individuelle Abhilfe zu schaffen. In Jiri ist eine sehr schöne kleine Schule mit Heim für 13 Waisenkinder entstanden – das alte Gebäude ist, wie das ganze Dorf total zerstört. Arun, Hari und ich verteilten im Gebiet von Sankhu Decken und Plastikunterlagen für 90 Familien. Sankhu ist ebenfalls total zerstört und in den Bergen ringsherum herrscht bittere Not und Kälte. Hari wird mit unserem Geld dort noch eine weitere Familie unterstützen. Am meisten hat mich die Zerstörung in Bhaktapur und Timi betroffen gemacht. Bilder wie nach dem 2. Weltkrieg. Hari und ich haben dort und in Patan weitere Familien unterstützt – Hausaufbau und Reparaturen.
Einige der Betroffenen haben bisher NRS 1500 (€150.) von der Regierung erhalten. Doch das versprochene Geld NRS 200000 (€2000) ist von der Regierung nicht ausbezahlt worden, obwohl hierfür ein neuer Minister eingestellt wurde. Sein Büro scheint jedoch wieder geschlossen zu sein. Auch haben nicht alle Betroffenen eine Anerkennung (ein rotes Schild wurde am Grundstück angebracht) erhalten – sie waren z.B. nicht vor Ort als die Behörden diese verteilten, oft ist auch Willkür der Behörden angesagt.
Ich habe alle Familien und die uns anvertrauten jungen Menschen getroffen; habe ihre verzweifelte Lage, ihre Hoffnungslosigkeit und ihr Leid gesehen. Manche neh- men es asiatisch gelassen, doch das Lächeln ist auf vielen Gesichtern erloschen. Sie wissen einfach nicht, wie es weitergehen soll und wird. Dass die Regierung etwas für das Volk veranlasst- diese Hoffnung oder gar Vertrauen haben die Nepali nicht mehr.
Sie haben den Betrag von über € 26.000. gespendet, das sind beinahe 10% der eingegangen Erdbeben-Spenden auf dem Konto der Freunde Nepals e.V. – einzusehen auf der Webseite http://www.freunde-nepals.de/erdbeben.htm. Ich habe den Großteil des Geldes verteilt und noch einen kleinen Teil (ca. €5000.) für Fälle zurückbehalten, über die ich in den nächsten Monaten erfahren werde und wo noch was getan werden muß. Sie waren alle großartig und ich war mit unseren Familien in Nepal überglücklich, so vielen helfen zu können.
Einen ganz großen Dank an Sie Alle.
Wie kann es weitergehen? Ich weiß es nicht. Doch ich werde wieder nach Nepal reisen. Einfach nur da sein für die Menschen, die ich jetzt so lange kenne. Sie haben mir gezeigt, wie wichtig mein Besuch war und wie sie es schätzen, dass wir uns alle um sie kümmern. Ich sprach viel von Ihnen, Euch, meine Freunde und Sponsoren, die so großzügig geholfen haben. Und die Dankbarkeit war allen anzumerken. Der 8-jährige Sushil kam mit einer Khata zu mir, verbeugte sich und sagte in gutem Englisch, dass er seinen Sponsoren und uns allen sehr dankbar sei, dass wir seiner Mutter und seinem Vater so viel helfen. Ich war ganz gerührt, auch die anwesenden Nepalis…
Die Bescheinigungen für die Erdbeben-Spenden werden Ihnen im Januar zusammen mit den laufenden Spenden für die Studenten (Ausbildungshilfe) zugesandt. Gleichzeitig erhalten die Paten Informationen über die einzelnen Kinder. Wie immer: Sie können mich gerne anrufen, wenn Sie schon vorher etwas wissen wollen.
Ein herzliches Namaste
Deine / Ihre
Gisela Stäbler